Im Hotel "Bristol" (ca. 45 DM) hab ich ein fesches Zimmer gehabt. Den Abend habe ich dann mit einem Bummel durch die Innenstadt von Belgrad verbracht. Fußgängerzone mit Gauklern, Burganlage (Festung Belgerad).
Donnerstag,
20. August 1998
Um 7.30 Uhr aufgestanden. Das Frühstück war naja. Der Kaffee
war ein gewässerter Kakao, aber der Kellner schaute mich nur ungläubig
an.
Um 8.00 Uhr bin ich zum Bahnhof, um das Rad zu holen. Um 10.00 Uhr
bin ich dann endlich weggekommen.
In Belgrad fand ich keine Wegweiser, die zu meinem geplanten Ziel (Smederevo)
zeigten. Aber da ich ein untrügliches Orientierungsgefühl besitze,
bin ich einfach drauf los gefahren (Natürlich - wie sich später
herausstellte - in die richtige Richtung).
Lange ging es bergauf, aber dann endlich bergab. Viel angebrannten
und brennenden Müll fand ich neben der Straße. Das Wetter war
leicht bedeckt und warm. Trotzdem hab ich 5 Liter Wasser getrunken. Mittagessen
war wie meist Weißbrot und Käse. In Semederevo an der Donau
hab ich dann Pause gemacht, die mich so aufbaute, dass ich gleich weiterfuhr.
Unterwegs
hab ich dann mein Mittagessen nachgeholt (Cevapcici). Der Wirt hat 13 Jahre
in Wien als LKW-Fahrer gearbeitet und empfahl mir in Veliki Gradiste das
Hotel "Serbsko jezero". Das liegt an einem Donauarm, der als Erholungsgebiet
mit Bademöglichkeit, Promenade und Standeln mit Grillereien ausgebaut
ist.
An diesem Tag hab ich viel angezündetes Unterholz mit teilweise
mitverbrannten Bäumen gesehen, aber auch viele unfertige Häuser
(unverputzt, ohne Fenster, Türen), schauerlicher Baustil mit Türmchen,
Löwen usw.
An der Straße wird Benzin literweise in Plastikflaschen verkauft.
Tagesetappe 115 km
Freitag,
21. 8. 1998
Im
Regen bin ich weggefahren. Nach einer Stunde hat es aufgehört zu regnen.
Entlang der Donau auf einer Nebenstraße nach Golubac (schöne
Burganlage) in den Donaudurchbruch. Wunderschön und wenig Verkehr.
In Donji Milanova hab ich mich auf einer Bank an der Donau ausgeschlafen.
Natürlich hab ich wieder Weißbrot und Käse gegessen, Mineralwasser
sowieso literweise getrunken.
Danach wollte ich bei der nächsten Unterkunft bleiben. Aber ...
Die nächsten 45 km wartete ich auf ein Bett-Zeichen. Die Talenge
war gigantisch - da fahr ich sowieso noch mal hin. Aber es war sehr einsam.
Ich schätze, dass mich auf dieser Strecke 20 Autos überholten.
Die Straße stieg stetig an, unbeleuchtete Tunnel und kein Zeichen
von Ansiedlungen. Schön langsam wurde ich trübsinnig.
Der
Hunger meldete sich, es fing an zu tröpfeln und die Straße stieg
an.
Ein Hirte erhellte mein Gemüt. Auf meine Frage "Hotel?" kam die
Antwort "Tekija, deset kilometr". Hurra, und dann kam auch die Sonne noch
heraus, die Straße war auf der Tabula Traiana, einer Hochfläche
angelangt und jetzt ging es 10 km bergab.
Zuerst wollte mir der Wirt in dem Motel Tekija kein Bett geben ("Nein").
Nach Rücksprache mit einer höhergestellten Persönlichkeit,
war dann doch ein Zimmer frei ("Sedm hora weg" - um sieben Uhr raus).
Tagesetappe 130 km
Samstag
22. 8. 1998
Natürlich
bin ich in der Früh gleich abgehauen, weil da ist es zum Fahren ja
am nettesten. In Sip - beim Kraftwerk - bin ich über die Grenze nach
Rumänien und wollte dort meine restlichen Dinare in Lei umtauschen.
Aber kein Dinar-Umtausch ausserhalb Jugoslawiens möglich.
Das rumänische Visum kostete 61 DM. 100 DM ergaben 475.000 Lei.
Zeitumstellung +1 Stunde.
Gleich nach Drobeta Turnu Severin stieg die Straße lange leicht
an. Aber dann kam eine lange, flache Abfahrt über Strehaia, Filiasi
nach Craiova, mit Rückenwind - ein Traum.
In Craiova hab ich mir dann das Hotel Jiul genommen, eine Empfehlung
des Reiseführers. Natürlich wurde mir ein Zwei-Bettzimmer verrechnet
(mit Klimaanlage, Kabel-TV) um 750.000 Lei (ca. 160 DM). Das war mir aber
egal, weil ich doch ziemlich müde war.
Was mir an diesem Tag auffiel: es gibt eine Vielzahl von kleinsten
Geschäften, die unscheinbar sind. Ich musste erst einen Blick dafür
bekommen, wo ein Geschäft war. Grundsätzlich war es viel sauberer
als in Jugoslawien. Traumhafte Kartoffeln, viele Tomaten und massenweise
Wassermelonen - und natürlich Coca Cola.
Ich kann viel lesen - die Sprache ist ähnlich wie italienisch.
In Craiova besuchte ich den Gottesdienst einer rumänisch-orthodoxen
Kirche.
Tagesetappe 145 km
Sonntag,
23. 8. 1998
Früh auf, leicht bewölkt, kühl - äußerst
angenehm. Auch hier ist mir wieder die Sauberkeit aufgefallen. Zigeunerinnen
haben die Straße zusammengekehrt.
Dieser Tag war der schönste auf dieser Reise. Starker Rückenwind,
ebene Landschaft, links Mais, rechts Sonnenblumen, endlose Alleen, Wenig
Katzen, "tausende" herrenlose Hunde (auch flache = zusammengefahrene),
Eselsgespanne, Pferdegespanne.
Die
Wasserversorgung in den Dörfern erfolgt durch Brunnen, in denen Kübel
versenkt und mit einer Winde hervorgeholt werden. Kinder schleppen
das Wasser.
Ich bin dann bei Peretu nach Rosio de Vede auf einen österreichischen
LKW ("Adventistisches Hilfswerk") bei einem rumänischen Waisenhaus
gestossen. Die Kinder waren dort beim Mittagessen. In diesem Waisenhaus
werden Kinder auch aus den Straßen von Bukarest versorgt. Das Heim
wirkte ärmlich, aber sauber. Der LKW-Fahrer war Wiener und lieferte
Hilfsgüter aus Österreich hierher.
In Buzescu gab es Häuser von seßhaften Zigeunern, die mich
an "Herman Munsters"-Haus erinnerten.
Die Stadt Alexandria war mein Tagesziel, sogar mit Bankomat. Dort erhielt
ich aber nur 50.000 Lei (ca. 11 DM).
Das Hotelzimmer musste ich mit Lei bezahlen (350.000 Lei = 73 DM).
Mir ist aufgefallen: Die Städte sind abends äußerst
schlecht beleuchtet, sie wirken immer sehr duster (wie dunkle Straßenszenen
in einem Krimi).
Tagesetappe 145 km
Montag,
24. 8. 1998
Um das Hotel bezahlen zu können, musste ich erst DM in Lei umwechseln.
Auf der Post-Bank brauchte ich zum Wechseln den Reisepass. Der aber lag
im Hotel und den erhielt ich erst nach Bezahlung des Hotels. Das Hotel
konnte ich aber erst nach dem Wechseln (schimb) bezahlen. Ein Problem,
das die Schalterbediensten und deren Chef 20 Minuten lang beschäftigte.
Aber dann hat eine Angestellte der Post meine 300 DM (ca. 1.400.000 Lei)
genommen und mit ihrem Ausweis gewechselt. Damit konnte ich alles bezahlen
und abreisen.
Gegen
14.00 Uhr war ich in Bukarest (Gare de Nord). Da hab ich gleich nach einem
Zimmer geschaut. Eine Frau hat mich vor einem Hotel angesprochen und eine
Unterkunft um 100.000 Lei angeboten. Nach einigem Zögern folgte ich
ihr in eine Nebenstraße und sie wies mir in einem Hinterhof einen
besseren Verschlag (ohne Fenster und 1,50 m hoch) zu. Zum Waschen diente
der Wasserhahn im betonierten Hof. Das Rad hab ich wie meist auf dieser
Fahrt ins "Zimmer" mitgenommen. Es war nicht ein Traum, aber ...
Am Bahnhof erkundigte ich mich, wie es mit dem Zurückschicken
des Fahrrades nach Zell/See wäre. Die Auskunft war günstig -
kein Problem, 20 DM, aber der Zoll (Varma) sei notwendig (Werktags 8.00
- 14.00 Uhr).
Dann hab ich einen Gewaltsmarsch durch Bukarest gemacht. Hauptstraßen,
Nebenstraßen, Kirchen, Geschäfte - und dann bin auch auch zum
Parlamentul Romaniei - dem Wahnsinnsgebäude von Ceauscescu. Führungen
sind möglich. Bin erst um 23.00 Uhr zum "Zimmer" zurückgekommen.
Tagesetappe 96 km
Dienstag,
25. 8. 1998
Laut Karte war an diesem Tag eine lange gerade, öde Strecke dran
- immer nach Osten. Aber der Rückenwind half, wunderschöne Landschaft
- Mais, Sonnenblumen. Ich habe fast keinen Weizen gesehen.
Irgendwo hab ich mich dann in den Schatten gesetzt und geschlafen.
Da ist ein Streckengeher der Rumänischen Bahn aufgetaucht. Wir haben
uns über eine Stunde bestens unterhalten. Mit Zeichnungen, Händen
und Füssen und verschiedenster internationaler Wortbrocken (Chef,
gut, super,...) ging es sehr gut. Er verdient 700.00 Lei (ca. 140 DM) pro
Monat. Bei jedem Zug ist er aufgestanden und hat einen prüfenden
Blick auf die Waggons geworfen.
Teilweise
war es sehr heiß, meist aber angenehm warm. Bei einem Brunnen hab
ich mir zwei Kübel kaltes Wasser über den Kopf gelehrt - ein
Traum.
In Fetesti hab ich im Hotel Mioritija (150.000 Lei) geschlafen. Das
Zimmer bestand aus drei Zimmern mit kaputtem Fernseher und vielen Mücken
(die letzte musste um 2.00 nachts dranglauben).
Tagesetappe 155 km
Mittwoch,
26. 8. 1998
Kalt
war es beim Wegfahren. Über den Donauarm ist der Verkehr gebündelt.
Die Bundesstraße hörte auf, nur Eisenbahn und Autobahn führte
über die 20 km mautpflichtige lange Strecke. Meine Bedenken, mit dem
Fahrrad auf der Autobahn zu fahren, wurden vom Mautpersonal zerstreut,
die mich einfach vorbeiwinkten. Etwas mulmig war mir schon zumute, aber
der Pannenstreifen war breit genug.
Die Brücken über die Donauarme waren an den Brückenköpfen
von jeweils 2 Soldaten bewacht.
In der Dobrudscha zwischen Cernavoda und Constanta läuft der Donau-Schwarzmeerkanal.
Die Straße steigt und sinkt mit den Dünen. Aber irgendwann ist
Ende und ich bin am Ziel am Schwarzen Meer.
Das Rad stellte ich am Bahnhof unter und ich bin dann stundenlang durch
die Straßen von Konstanta marschiert.
Ovid - der römische Dichter verbrachte hier seinen Lebensabend.
Es gibt römische Ausgrabungen, aber auch moderne zerfallene Häuser.
Am Strand hab ich dann Fisch gegessen und bin ins Meer gegangen.
Gegen 18.00 Uhr fuhr ich dann mit dem Zug zurück nach Bukarest.
Auf dieser Rückfahrt hab ich ein deutsches Pärchen aus Schwaben
getroffen, die per Mountainbike mit Zug und Rad unterwegs waren. Wir tauschten
während der 3-stündigen Fahrt unsere Raderfahrungen aus.
Um 21.00 Uhr hab ich mich in Bukarest gleich ins Hotel Astoria (430.000
Lei) begeben und bin bestens eingeschlafen.
Tagesetappe 85 km
Donnerstag,
27. 8. 1998
Um 9.00 Uhr hab ich begonnen, das Fahrrad aufzugeben. Zuerst bei der
Gepäcksannahme. Aber dort werden Fahrräder nur genommen, wenn
ich eine Fahrkarte habe. Daher zum internationalen Schalter. Dort bekommt
man die Fahrkarte aber erst 2 Stunden vor der Abfahrt des Zuges (um 16.10
Uhr). Aber der Zoll, der beim Versenden des Fahrrades notwendig ist, ist
nur bis 14.00 Uhr offen. Nach 2 Stunden Erklärungen, Beschäftigung
von 4 Personen, Erstellen eines rumänschen Schriftstückes für
den Grenzübertritt ("Das Fahrrad gehört mir und ist aus Österreich")
durch einen Zollbeamten, dem persönlichen Einsatz der Chefin der Zollabteilung
beim vorzeitigen Kauf der Fahrkarte nach Zell/See bei der grantig reagierenden
Fahrkartenverkäuferin ist das Fahrrad übernommen worden. Ein
letzter wehmütiger Blick auf mein Fahrrad (ich mag es) und ich war
frei zur Besichtigung von Bukarest.
Der
Platz der Republik wurde unter Ceauscescu angelegt, indem ein Stadtteil
einfach niedergerissen wurde. Ich bin zum Parlamentul Romaniei: 1980 entschied
Ceauscescu sich zum Bau des Palastes, um der Welt zu zeigen, wie reich
Rumänien sei. Sämtliche Baumaterialien (ausser Mahagoni im Boden)
kommt aus Rumänien. 1984 wurde mit dem Bau begonnen, 1989 beim Sturz
von Ceauscescu war der Palast zu 80% fertig und verlotterte. In den letzten
Jahren hat man den Palast reaktiviert und das Paralmentsgebäude daraus
gemacht.
Der Palast beinhaltet 1000 Räume, 4 Restaurants, 30 Konferenzräume,
11 Stockwerke. 440 Räume werden gebraucht. 2100 Kristall-Luster. 1
Million Kubikmeter Marmor wurde für die Innenverkleridung verwendet.
Das ganze Gebäude muss immer auf mindestens 17°C geheizt werden,
damit die Materialien nicht leiden. Ein Vorhang 20 m hoch, 2 Bahnen zu
je 1000 kg. Ein Saal 19 m hoch, 2800 Quadratmeter. Aussenmaße: 470x420
m. Teppiche bis zu 40 m lang mit 4 t Gewicht.
Um 16.10 Uhr ist der Zug abgefahren. Im Schlafwagen sind wir durch Transylvanien - Ungarn nach Wien gefahren. Nach Transylvanien muss ich auch einmal.
Was mir insgesamt auffiel:
- freundliche Menschen
- nur 1 sportlicher Radfahrer
- wenig Katzen
- tausende Hunde
- weinende Bettlerinnen
- bettelnde Kinder
- sniffender 10-jähriger Bub in der U-Bahn
- hungrige Kinder (die sich über Tomaten, Brot und Äpfel
gefreut haben)
- im Speisewagen geht ein verkrüppelter Bettler auf Knien durch
- in der U-Bahn hält ein Mann einen kurzen Vortrag und geht dann
humpelnd und bettelnd durch den Wagon
- Käse fand ich sehr selten
- an den Bahnhöfen Wasserstellen, bei jedem Aufenthalt sidn die
leute aus dem Zug und haben Wasser geholt
- Sonnenblumenkerne werden überall geknabbert
- DACIA ist das Volksauto. Alle 5 km steht einer am Straßenrand
und darunter liegt der Fahrer zum Reparieren
- Vulkanizer gab es in jedem Dorf mehrere
- Viele private Wachdienste (in Banken, am Bahnhof, in Geschäften,
...)
- kleine Geschäfte nennen sich auch "Magazin Universal", "Magazin
Mixt")